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Vorname Gottlieb Jakob
Nachname Kuhn
Geburtstag 1775
Todestag 23.07.1849
Personennummer K026

Persönliche Angaben

Jakob Gottlieb Kuhn war Pfarr-Vikar in Sigriswil BE, Lehrer in Bern, nachher Pfarrer in Rüderswil und zuletzt versah er ab 1924 bis zu seinem Tod das Pfarramt in Burgdorf. Er verfasste viele Gedichte heiteren und ernsteren Charakters, die er zum Teil selber vertonte. Viele wurden später von F.F.Huber neu gesetzt, wie z.B. „Han-amen Ort es Blüemli gseh“ oder „Juhe, dr Geissbueb bin-i ja“. Einige seiner Texte findet man in Liedern von O.F.Schmalz und J.Ummel („Hie häre ihr Senne“, „Uf de Bärge isch guet läbe“, „Gäng luschtig u ledig“, u.a.m.

Quelle: Buch 75 Jahre BKJV 1992, Stand 21.3.2013 TA

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Zum 100.Todestage von Gottlieb Jakob Kuhn (aus der Jodlerzeitung vom 18.8.1949)

Wenn der Burgdorfer Stadtpfarrer G.J.Kuhn kurz vor seinem Tode schrieb: „Ach, ich sterbe so gerne!“, so war das mehr als nur der Ausdruck eines 73jährigen Lebensmüden. Es war das erschütternde Zeugnis der Resignation, der Enttäuschung. Geborener Stadtberner konservativer Weltanschauung, war er Freund der Tradition, glühender Patriot und Anhänger des positiv christlichen Glaubensbekenntnisses. Er hasste alle gewaltsamen Lösungen, hatte jedoch das Unglück, drei Revolutionen durchstehen zu müssen (1789, 1830, 1848). Er misstraute der Volksherrschaft - das Schicksal aber setzte ihn mitten in die Garküche der bernischen liberalen Regeneration hinein, nach Burgdorf; er höhnte über die Hegelsche Philisophie des konsequenten Fortschrittes – der Berner Lehrstuhl für Philisophie wurde aber durch einen Hegelianer besetzt. Der streitbare Pfarrer kämpfte auf demselben verlorenen Posten wie sein Kollege in Lützelflüh gegen den Zeitgeist, mit dem Unterschied allerdings, dass Gotthelf jünger war und kraft seines Genies das Zeitgemälde „Zeitgeist und Bernergeist“ ins Zeitlose zu heben vermochte, d.h. ins Allgemeingültige. Vor diesem neuen Stern musste derjenige Kuhns verbleichen. Er war es schon längst, denn die 1830 aufgestiegene verpolitisierte Gesellschaftsschicht hatte für Kuhns beschauliche Heimatkunst kein Gehör mehr. Mit diesem Datum gingen auch die „Alpenrosen“ ein, das Organ der von Kuhn und seinem Kreis 1811 ins Leben gerufenen Vereinigung für vaterländische Poesie. Dieses blaue Blümchen der Romantik war verblüht.
Seine Frucht jedoch, die musste treiben. 1879 erschien in Aarau Ottikers Auswahl Kuhnscher Gedichte; 1910 Stickelbergers Biographie und 1913 die Gesamtausgabe der Gedichte und Melodien. Kuhn erlebte hundert Jahre nach seiner intensivsten poetischen Wirksamkeit seine Renaissance. Es war das Verdienst der bernischen Heimatschutzbewegung.
Demzufolge gedenken wir heute nicht so sehr des Todes des Dichters, sondern vielmehr der Auferstehung seiner Volkslieder. Sie erklangen erstmals an den Unspunner Hirtenfesten (1805/08). Die Lieder dieser ersten Periode aus der Vikariatszeit in Sigriswil, der glücklichsten Zeit in Kuhns Leben, entsprangen dem Urerlebnis des jungen Dichters, weshalb ihnen auch die grösste Unmittelbarkeit eignet („Bueb, mir wei uf ds Bergli trybe“, „Ha-n-amen Ort es Blüemli gseh“, „I de Flüehne ist mys Lebe“, „Gueti Nacht, mys Liebeli“).
In Rüderswil, wo Kuhn von 1812 bis 1824 amtierte, galten alsdann seine Verse dem Erinnern. Das Heimweh nach den Bergen, dem „verlorenen Jugendland“, durchzittert diese Lieder (“Herz wohi zieht es dy?“, „Ach, wie churzen üsi Tage“, „E trurigs Stückli will i zelle“, „Juhe, der Geisbueb bin i ja“).
Die Volkslieder leben nicht vom Text allein, sondern in hohem Masse auch von der Melodie. Eine schlechte Melodie vermag den besten Text nicht zu retten, wohl aber eine gute Melodie einen schlechten Text. Kuhn erzählt, wie bei einigen seiner Lieder Text und Melodie am Spinett gleichzeitig zur Welt kamen. Das sind Glücksfälle wie heute etwa einem Hans Rölli zustossen. Einen Glücksfall für Kuhn bedeutete dann auch seine Freundschaft mit dem St.Galler Musiker Ferdinand Huber, dessen Vertonung Kuhnscher Lieder wesentlich zu deren Verbreitung beitrug.
Kuhn selber hat seine Lieder Gelegenheitsgedichte mit ganz bestimmter Tendenz genannt. Er gedachte an Stelle der kursierenden Gassenhauer etwas Besseres, dem edleren Teil des einfachen Volkes Gemässes zu setzen, ohne indessen durch prüde Zimperlichkeit sich beim Volke zum vornherein die Aufnahme selber zu verscherzen. Um das Grenzgebiet zwischen Gassenhauer und dem gerade noch Erlaubten abzutasten, so erklärte er, schuf er den „Kilter“ (Hoscho, Eisi!). Dafür wurde er von seinen „chers collègues“ Bänkelsänger geschumpfen. Er quittierte diesen Angriff mit den Worten, es sei ihm lieber, das Volk singe seinen „Kilter“ als schlümpfrige Zweideutigkeiten.
Eine ganze Reihe der Kuhnschen Volkslieder werden heute noch gesungen, besonders auch bei den Auslandschweizervereinen. Ein Zeichen dafür, dass sie aus unserem Garten geholt und für unsere bekömmliche geistige Speisekarte zubereitet worden sind, gleichviel ob man sich des Autors noch erinnert oder nicht. Wichtiger ist, dass sie jenen Gedanken und Gefühlen Ausdruck verleihen, die uns allen vertraut sind, so lange es noch eine echte schweizerische Tradition gibt.
(Autor Adolf Schaer „Der Bund“)

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Note
EDJKV